8. mai 2017

Grenzen der Vorratsdatenspeicherung in der EU und der Schweiz

Die vorsorgliche, ohne konkreten Anlass erfolgende Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten aus dem Fernmeldeverkehr (sog. «Vorratsdatenspeicherung») sorgt weiter für Kontroversen.
Nachdem der EuGH im Jahr 2014 die EU-Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten (RL2006/24/EG) für ungültig erklärt hat (Urteil des EuGH vom 8. April 2014 C-293/12 und C-594/12), hatte er sich kürzlich mit nationalen Regelungen zu deren Umsetzung zu beschäftigen. Der EuGH entschied (Urteil des EuGH vom 21. Dezember 2016 C-203/15 und C-698/15), dass das EU-Datenschutzrecht nationalen Regeln entgegensteht, welche die allgemeine und unterschiedslose Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsehen. Die vorsorgliche Speicherung solcher Daten komme einem besonders schweren Grundrechtseingriff gleich, der nur durch die Bekämpfung schwerer Straftaten zu rechtfertigen sei. Entsprechend sei bloss eine gezielte, in Bezug auf Daten, Kommunikationsmittel, betroffene Personen und Dauer auf das absolut Notwendige beschränkte Speicherung zulässig. Zudem sei der Zugang zu den Daten gerichtlich zu kontrollieren und die Daten seien auf dem Unionsgebiet zu speichern. Die Begründung des EuGH lässt Fragen offen und wird die Gesetzgeber vor Herausforderungen stellen. Unklar ist etwa, wie die Speicherung mit Blick auf den Kreis der betroffenen Personen diskriminierungsfrei eingeschränkt werden soll.
Das Thema ist auch in der Schweiz aktuell. Sowohl das bisherige wie auch das neue BÜPF sehen eine sechsmonatige Speicherung sämtlicher Randdaten aller Teilnehmer vor und es verpflichtet Anbieter, diese Daten auf Verlangen den Behörden zu liefern. Anders als in der EU hat das Bundesverwaltungsgericht die damit einhergehenden Grundrechtseingriffe kürzlich als zulässig beurteilt (Urteil des BVGer A-4941/2014 vom 9. November 2016). Eine Beschwerde gegen den Entscheid liegt offenbar beim Bundesgericht. Noch bis zum 29. Juni 2017 läuft die Vernehmlassung zu den Entwürfen der Verordnungen zur Umsetzung des neuen BÜPF, die bereits öffentliche Kritik hervorgerufen haben.