BGE 145 III 178 – Bedeutungswandel infolge überragender Markenbekanntheit
Urteil
Am 9. April 2019 entschied das Bundesgericht über die Eintragung des Zeichens «Apple» im Schweizerischen Markenregister für Waren in den Klassen 14 und 28. Im Vordergrund stand die Frage, ob die Bekanntheit einer Marke ausnahmsweise im Rahmen ihrer ursprünglichen Unterscheidungskraft zu berücksichtigen ist. Im Ergebnis wurde die Beschwerde der Apple Inc. vollumfänglich gutgeheissen.
Sachverhalt
Hintergrund des Urteils war das Eintragungsverfahren der Marke «Apple» für Waren der Klassen 14 und 28 sowie Dienstleistungen der Klasse 37. Das IGE ging davon aus, dass die Verkehrskreise das angemeldete Zeichen «Apple» aus dem Englischen mit «Apfel» übersetzen. Der Begriff sei für einen Teil der angemeldeten Waren als Form sowie Motiv geläufig und insofern als Gemeingut vom Markenschutz ausgeschlossen. Daher wies es das Eintragungsgesuch in Bezug auf Schmuckwaren, Spiele sowie elektronische Spiele ab. Hiergegen gelangte die Beschwerdeführerin zunächst an das Bundesverwaltungsgericht, welches die Beschwerde teilweise guthiess. Zur Begründung führte das BVGer seine bisherige Praxis an, wonach Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen sind, wenn sie als Hinweis auf eine die betreffenden Waren allgemein übliche Ausstattung verstanden werden (Urteil des BVGer B-6304/2016 vom 24. Juli 2018 E. 5.2.2 ff. m.H.).
Erwägungen
Nach diesem Bundesgerichtsentscheid kann die Bekanntheit einer Marke ausnahmsweise im Rahmen ihrer ursprünglichen Unterscheidungskraft berücksichtigt werden, wenn sie den allgemeinen Sprachgebrauch verändert hat. Das Gericht stellt fest, dass das Zeichen «Apple» aufgrund seiner notorisch überragenden Bekanntheit in der Schweiz zu einem solchen Sprachwandel geführt hat. Die Verkehrskreise verstehen das Zeichen «Apple» – ausser für Obst – nicht in seiner lexikalischen Bedeutung, sondern primär als Hinweis auf die Markeninhaberin. Die Marke ist daher auch für Schmuckwaren, Spiele sowie elektronische Spiele unterscheidungskräftig.
Anmerkung
Der Marke «Apple» ist es gelungen, ihre originäre Unterscheidungsschwäche für Waren zu überwinden, für die sie einerseits beschreibend ist und anderseits bisher nicht gebraucht wurde – somit unabhängig von der Frage der Verkehrsdurchsetzung. Ihr Markenschutz endet dort, wo sie die Ware selbst benennt. Damit bleibt das Ausschlusskriterium der beschreibenden Bedeutung immerhin in seinem Kern relevant. Die Fragen, die sich für die Praxis stellen, sind bemerkenswert. Das Bundesgericht betont den Ausnahmecharakter des von der Marke «Apple» erreichten Bedeutungswandels. Haben also berühmte Marken im Sinne von Art. 15 MSchG oder nur sehr berühmte, fremdsprachige Marken das Potenzial, Schutz für alle Waren und Dienstleistungen zu erlangen, die sie beschreiben aber nicht benennen? Wann ist von einem Bedeutungswandel auszugehen und handelt es sich bei der Beurteilung um eine Tat- oder Rechtsfrage? Welche Bedeutung kommt dem Spezialitätsprinzip zu? Was gilt hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, für die die Marke weiterhin nicht gebraucht wird?