4. July 2018

Ungarisches Verfassungsgericht: UPC-Übereinkommen verfassungswidrig

Obwohl das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (Unilied Patent Court Agreement, UPCA) mittlerweile von 16 Mitgliedstaaten der EU ratifiziert wurde (vgl. http://www.consilium.europa.eu/en/documents-publications /treaties-agree-ments/agreement/?id=2013001), scheinen die Aussichten auf ein rasches Inkrafttreten nach Brexit und aufgrund einer hängigen Verfassungsbeschwerde in Deutschland in die ferne Zukunft gerückt zu sein. Der jüngste Rückschlag kommt aus dem Osten, namentlich aus einem bislang wenig beachteten Ver-fahren vor dem ungarischen Verfassungsgericht. Dieses hat in einem am 29. Juni 2018 veröffentlichten Urteil das UPCA für verfassungswidrig erklärt (das Urteil ist verfügbar — auf Ungarisch — unter https://www.alkotmanybirosag.hu/uploads/2018/06/sz_х_1514_2017 alairt_sk_st.pdf).

Die Erwägungen des Urteils sind nicht nur für die Unterzeichner des UPCA von Interesse, sondern auch für die Schweiz, wo «fremde Richter» ein nicht weniger brisantes Thema sind. Das Verfassungsgericht begründet das Urteil insbesondere damit, das UPCA, welches nach Auffassung des Verfassungsgerichts kein EU-Recht darstellt, würde eine Reihe von Zivilstreitigkeiten — selbst solche zwischen ungarischen Parteien und in Anwendung von ungarischem Recht — den ungarischen Gerichten definitiv entziehen. Die Rechtssuchenden hätten keine Möglichkeit, die Verfassungsmässigkeit dieser Gerichtsentscheide vom Verfassungsgericht prüfen zu lassen. Da das ungarische Grundgesetz hierfür keine Grundlage vorsieht, sei das UPCA verfassungswidrig.

Dieses Urteil hat zur Folge, dass Ungarn am UPC System vorerst nicht teilnehmen kann. Die Frage der Übertragung der Gerichtsbarkeit über Binnen-streitigkeiten an ein Forum, das die Parteien nicht gewählt haben und das keiner verfassungsrechtlichen Aufsicht untersteht, ist jedoch kaum ein rein ungarisches Problem. Ob dieses Urteil nun auch in anderen UPC-Staaten zu verfassungsrechtlichen Bedenken führt, bleibt abzuwarten. Das letzte Wort im Zusammenhang mit dem Einheitlichen Patentgericht scheint jedenfalls noch nicht gesprochen zu sein.

 

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