14. Dezember 2019

Schadenersatz bei Immaterialgüterrechtsverletzungen

Urteil
Das Handelsgericht Zürich und das Bundesgericht (HG160279-O bestätigt durch BGer Urteil 4A_629/2018 vom 26. Februar 2019) beschäftigten sich einmal mehr mit der Frage der Unterscheidung zwischen Schadenssubstantiierung und Schadensbemessung bei Immaterialgüterrechtsverletzungen. Das Bundesgericht bestätigte die Abweisung der Schadenersatzforderung mangels Nachweises eines Schadens im Sinne der Differenztheorie. Auf die Substantiierung des Schadens kann der Kläger auch bei der Anwendung der Lizenzanalogie nicht verzichten.
Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin machte aufgrund eines Nutzungsausfalles Schadenersatz aus Urheberrecht geltend. Sie argumentierte, dass die Beschwerdegegnerin urheberrechtlich geschützte Software ohne entsprechende Lizenz genutzt habe. Sie unterliess es jedoch, den ihr entstandenen Schaden zu beziffern, da sie der Meinung war, im Rahmen der Lizenzanalogie sei keine tatsächliche Vermögenseinbusse im Sinne der Differenztheorie erforderlich.

Erwägungen
Das Handelsgericht des Kantons Zürichs führte aus, dass die tatsächliche Vermögenseinbusse bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen immer nachzuweisen sei. Die Lizenzanalogie sei kein Ersatz für die Schadenersatzsubstantiierung, sondern nur eine Schadenersatzberechnungsmethode (HG160279-O, E. 2).
Da die Beschwerdeführerin im erwähnten Fall den ihr entstandenen Schaden ungenügend substantiierte, erachtete das Handelsgericht die Voraussetzung der tatsächlichen Vermögenseinbusse als nicht erfüllt. Ausserdem konnte das Handelsgericht den Schaden mit den zur Verfügung stehenden Informationen aufgrund von widersprüchlichen Aussagen der Beschwerdeführerin auch nicht nach Art. 42 Abs. 2 OR ermitteln, weshalb die Klage abgewiesen wurde.
Das Bundesgericht bestätigte die Ausführungen des Handelsgerichts und wies die dagegen erhobene Beschwerde ab.
Anmerkungen
Kommt die Lizenzanalogie bei der Schadensberechnung zur Anwendung, ist der Schädiger für die Höhe der Vergütung, die beim Abschluss eines Lizenzvertrages von vernünftigen Vertragspartnern vereinbart worden wäre, schadenersatzpflichtig. Diese Methode sollte zur Anwendung gelangen, soweit der Rechteinhaber (z.B. eines Patentes) Dritten nichtexklusive Lizenzen gewährt hat und vergleichbare Verhältnisse vorliegen. Es muss angenommen werden können, dass auch dem Verletzer eine Lizenz in derselben Höhe gewährt worden wäre. Ferner muss der Verletzer bereit gewesen sein, mit dem Rechteinhaber einen Lizenzvertrag abzuschliessen (BGE 132 III 379 E. 3.2.2).
Neben der Lizenzanalogie gibt es zwei weitere Möglichkeiten der Schadenersatzberechnung: Entweder weist die Klägerin den effektiven und direkt entstandenen Schaden nach oder zieht einen Analogieschluss aus dem Gewinn des Verletzers. In jedem Fall muss die Klägerin einen Schaden im Sinne der Differenztheorie – eine tatsächliche Vermögenseinbusse – nachweisen (BGE 132 III 379 E. 3.3.2). Der Schadensnachweis ist bei Immaterialgüterrechtsverletzungen oftmals schwer zu erbringen. Die alleinige Geltendmachung eines Nutzungsausfalles reicht nicht aus. Eine Erleichterung kann für die Klägerin eine Stufenklage sein, bei der sie zuerst Auskunft über verkaufte Mengen etc. verlangt und dann später ihr ursprünglich nicht beziffertes Forderungsbegehren beziffert. Nicht zuletzt aufgrund der genannten Schwierigkeiten zur Substantiierung und Bezifferung sind solche Prozesse sehr zeit- und kostenintensiv. Die Verfahren enden aus diesen Gründen oft in einem Vergleich.